Hausurnen
Die Beisetzung des aus dem Scheiterhaufen ausgelesenen Leichenbrandes in einer Urne lässt verschiedene Verfahrensweisen erkennen. Durch die Zeiten hinweg sind reichhaltige Verzierungen ebenso vorhanden wie einfache unverzierte Gefäße. Eine regionale Besonderheit stellen die Haus- und Gesichtstürurnen am Nordharz dar. Auf einigen Gräberfeldern findet sich unter Dutzenden von Urnen manchmal solch ein aufwendig gestaltetes Gefäß. Weitere Verbreitungszentren sind aus dem heutigen Dänemark und Westitalien bekannt. Direkte Kontakte zwischen diesen Regionen sind anzunehmen. Sie verdeutlichen weiträumige Beziehungen und die kulturelle Übernahme von Objekten und Riten aus weit entfernt liegenden Regionen.
Tochheim, Salzlandkreis; Kiekindermark, Kr. Parchim / Frühe vorrömische Eisenzeit 8./7. Jh. v. Chr.
Urne mit Leichenbrand
In der jüngeren Bronzezeit ab 1100 v. Chr. setzte ein grundlegender Wandel der Bestattungssitten ein. In Niedersachsen wurde, von Ausnahmen abgesehen, bis zur Einführung des Christentums über knapp 2000 Jahre brandbestattet. In der Frühphase der Forschung wurden meistens nur die unbeschädigten Urnen aufgehoben und der Leichenbrand zurück in die Grabgruben geschüttet oder nicht weiter beachtet. Die verbrannten Knochen können heute Aussagen zu Geschlecht, Lebensalter, Arbeitsbelastung und möglichen Krankheiten, die sich auf den Knochen auswirken, liefern.
Umgebung von Hannover / späte römische Kaiserzeit, frühe Vöklkerwanderungszeit
Objekte des bronzezeitlichen Handels und der Geldwirtschaft
Die urgeschichtlichen Bevölkerungsgruppen gliederten sich in sogenannte „Kulturgruppen“ unterschiedlicher regionaler Ausdehnung. Mit den Funden lassen sich vielfältige Kontakt und Einflüsse nachweisen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei der Austausch von Rohstoffen, die besonders in der Bronzezeit zu einer deutlichen Verstärkung der überregionalen Beziehungen beitrug. Mit Ösenring- und Stabbarren sowie Sicheln sind dabei Ansätze eines überregionalen Wertesystems zu fassen, dass regional durch Waagen und Gewichte ergänzt wird. Die Versorgung mit Kupfer und Zinn folgte dabei weit ausgedehnten Transferouten.
Umgebung von Hannover; unbekannt und Bösel bei Lüchow, Kr. Lüchow-Dannenberg / Frühe und jüngere Bronzezeit
Tierzähne und Tierfiguren von Pferden, Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen
Der Tierbestand eines urgeschichtlichen Bauernhofes kann über die Schlacht- und Speisereste sowie über die Tierzähne ermittelt werden. Abhängig vom Naturraum ist dabei die Zusammensetzung mit Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen. Pferde und Hunde ergänzen das Artenspektrum. Mit den Zähnen lassen sich Schlachtalter oder erreichte Lebensalter ermessen. Ebenso kann Anschirrung bei Rindern, Pferden und Ziegen belegt werden. Mittels der Strontium-Isotopenmethode sind dabei auch Aussagen zur Herkunft, regionalen Zucht oder einer großräumigen Mobilität bestimmter Tiere zu erlangen.
Watenstedt, Kr. Helmstedt Tierfiguren: Spielwarenhandel / Bronzezeit und Eisenzeit
Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte: Sammlung und archäologische Originale
Das Fundmaterial verdeutlicht für die verschiedenen Zeiten von der Jungsteinzeit bis in die Völkerwanderungszeit verschiedene Aspekte der Ernährung, des Handels und des weiträumigen zwischenmenschlichen Austausches. Dabei sind es zum einen die Objekte selbst, die sich in europäische Verbindungen eingliedern lassen. So sind in der Bronzezeit Objekte zu fassen, die in Hunderten von Kilometern Entfernung hergestellt worden sind und andernorts in den Boden kamen. Dann sind es Objekte, deren Gestaltung sich nur durch den Kontakt mit Menschen aus anderen Regionen erklären lassen, wie z.B. die Hausurnen, die besonders in Norditalien (Etrurien) eine augenfällige Ansammlung aufzeigen.
In den verschiedenen Objekten stecken dann weitere Informationen, die sich mithilfe der verschiedenen Naturwissenschaften ermitteln lassen. Die Herkunft von Kupfer und Zinn aus den verschiedenen Lagerstätten anhand der Metallzusammensetzung; die Herkunft von Menschen und Tieren aus benachbarten oder weit entfernt liegenden Regionen anhand der mit den Speisen und Trinkwasser aufgenommenen der lokalen Gesteinsformationen; der Ernährungsgrundlagen, der Körpergröße und Arbeitsbelastung der urgeschichtlichen Menschen mit entsprechenden Knochenuntersuchungen an den überlieferten Skelettresten. Die Sammlungen können damit auch für moderne Fragestellungen mit ihrer Originalsubstanz immer wieder zu Rate gezogen werden, mit ihren Kopien liefern sie für schulungszecke anschauliche Belege für die weiträumigen Kulturkontakte in der europäischen Urgeschichte.